Robert Frost: „The Road not taken“

Der Amerikaner Robert Frost zählt zu den bedeutendsten Poeten des 20. Jahrhunderts. Er war vierfacher Pulitzer-Preisträger und vor allem für seine Naturgedichte bekannt, in denen er die Landschaft Neuenglands beschrieb.

Das Gedicht „The Road Not Taken“ gilt als eines der bekanntesten Werke Frosts. Es zählt jedoch zugleich zu den Gedichten, die durch die Generationen hinweg am meisten falsch interpretiert wurden. Robert Frost bezeichnete es selbst als sehr listiges Gedicht, wohlwissend, dass die meisten Leser die wahre Bedeutung dieses Gedichts verkennen würden.

Text mit Übersetzung

Ich habe die letzte Strophe immer noch nicht ganz durchdrungen. Woher weiß der Erzähler, dass er den weniger begangenen Weg genommen hat? Aus den Strophen 1-3 wird eindeutig klar, dass die Wege gleich „attraktiv“ waren und sich nicht unterschieden. Oder wünscht der Erzähler sich nur, den weniger begangenen Weg genommen zu haben?

Ich denke, dass der Erzähler sich letztendlich für den weniger begangenen Weg entschied, sich aber bewusst war, dass auch der andere Weg ihm Möglichkeiten bereitgehalten hätte.

Er wünschte sich (in der 3. Strophe), auch den Lauf des nicht genommenen Weges zu kennen. Der Erzähler wusste aber, dass das nicht möglich war, da auf der Strecke des gewählten Weges sich andere Wege anschließen würden, die ihm den Weg zurück zum ersten abschnitten.

Es ist interessant, dass die ersten drei Strophen im Imperfekt sind, während sich die letzte in der Zukunft abspielt. Das bedeutet, dass der Erzähler sich schon zum Zeitpunkt der Entscheidung vorstellte, was er sagen würde, wenn er irgendwann in ferner Zukunft an diese Weggabelung zurückdenken wird.

Aber nahm der Erzähler tatsächlich den weniger begangenen Weg oder nicht? Wurde diese Frage bewusst offen gelassen? Um zu verdeutlichen, dass es letztendlich nicht darauf ankommt, welcher Weg im Leben eingeschlagen wurde? Darauf deutet die Zeile „and that has made all the difference“ hin, die auch mit „nur der einzige Unterschied“ übersetzt werden könnte.

Findet sich hier die Lösung der 4. Strophe?

Wie auch immer, das Gedicht ruft in seiner letzten Strophe nicht zur Individualität auf, wie fälschlicherweise oft angenommen wird. Tragischerweise könnte Edward Thomas, dem dieses Gedicht galt, die Botschaft Frosts falsch verstanden haben. Er verpflichtete sich 1915, nach Erhalt dieses Gedichts, für den 1. Weltkrieg und verstarb zwei Jahre später.

 

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